Duisburg Neudorf um 1960
zwischen Arbeit, Aufbruch und Beatmusik
In den 1960er Jahren war Duisburg-Neudorf ein Stadtteil im Wandel. Die Straßen waren geprägt vom Rhythmus der Arbeitsschichten in Stahlwerk, Hafen und Bahn – und vom geschäftigen Alltag der Familien, die hier lebten. Viele Männer arbeiteten in den großen Betrieben der Stadt, während die Frauen Haushalt und Kinder versorgten oder in kleinen Läden und Büros mit anpackten. Der Alltag war einfach, aber voller Zusammenhalt: Man kannte seine Nachbarn, half sich gegenseitig, und die Haustüren standen selten lange verschlossen.
Nach Feierabend zog es viele in die Kneipen um die Ecke – das eigentliche „Wohnzimmer“ der Neudorfer. Hier wurde erzählt, gelacht, diskutiert und musiziert. Zwischen Biergläsern und Zigarettenrauch entstand eine besondere Kultur der Geselligkeit. In diesen Wirtschaften spielten bald auch die ersten Boy-Beat-Bands, die den frischen Sound der Beatles oder Rolling Stones nach Duisburg brachten. Was mit improvisierten Auftritten auf kleinen Bühnen begann, wurde zum neuen Lebensgefühl einer Generation, die sich nach Freiheit und Veränderung sehnte.
Freizeit bedeutete damals Gemeinschaft: Man traf sich im Fußballverein, ging ins Kino an der Koloniestraße oder tanzte am Wochenende im „Haus der Jugend“. Die Musik, die aus England herüberschwappte, brachte Schwung in das oft graue Nachkriegsleben. Für viele junge Menschen in Neudorf war sie Ausdruck einer neuen Zeit – moderner, mutiger und ein bisschen lauter als das, was ihre Eltern kannten.
So war das Leben in Duisburg-Neudorf in den 60er Jahren eine Mischung aus harter Arbeit, echter Nachbarschaft und dem beginnenden Aufbruch in ein neues, selbstbewussteres Lebensgefühl – begleitet vom Rhythmus der Beatmusik, die bald auch hier ihren festen Platz fand.
Klaus Rehring
Klaus Rehring war ein enthusiastischer Musiker und begnadeter Gitarrist der 1960er Jahre. Als plötzlich dieser neue, wilde Sound aus England herüberschwappte – der Beat – war er gleichermaßen überrascht wie fasziniert. Die klaren Melodien der frühen Rock’n’Roll-Zeit wurden verdrängt von einer Urgewalt aus verzerrten Gitarren, treibenden Rhythmen und rebellischer Energie.
Überall vibrierte Musik – aus Radios, Kellern und Kneipen. Auch in Duisburg-Neudorf spürte man diesen Aufbruch: Jugendliche mit Pomade und Lederjacke griffen zur Gitarre, bauten Verstärker selbst, spielten Beatles- und Stones-Songs nach. Für Klaus war das keine Mode, sondern ein Lebensgefühl. Der Beat war roh, ehrlich und direkt – genau wie das Ruhrgebiet selbst.
Das Bild zeigt Klaus Rehring 2022 in seiner Wahlheimat Venezuela, in der er bis zu seinem Tod 2023 Bootsausflüge für Touristen anbot.
Klaus Puchmüller
Klaus Puchmüller war in den 1960er Jahren ein leidenschaftlicher Musiker mit einem feinen Gespür für Rhythmus und Klang. Er galt als zuverlässig, bodenständig und doch voller kreativer Energie – jemand, der wusste, wie man aus einfachen Mitteln einen mitreißenden Sound formt. Während andere noch den Schlagern der Nachkriegszeit folgten, begeisterte er sich für den neuen Beat aus England, für Gitarren, die knurrten, und Rhythmen, die Freiheit versprachen. Mit seiner ruhigen Art brachte er Struktur in die Proben und verband technisches Verständnis mit musikalischem Gefühl. Klaus Rehring und er gründeten 1962 die Atomics.
Und hier beginnt unsere Reise: von den Atomics zur Atomics-Revival-Band. 60 Jahre Musikgeschichte!